Anforderungen an einen Industrie-Computer (IPC)

Wandel in der Produktion

Internationaler Wettbewerbsdruck sowie knapper werdende Ressourcen stellen die Industrie vor große Herausforderungen: Wie lassen sich Produktivität, Zuverlässigkeit und Energieeffizienz der Produktionsanlagen stetig optimieren? Eine Option, um die vorgegebenen Ziele zu erreichen und wettbewerbsfähig zu bleiben, stellt die PC-basierte Steuerungstechnik dar. Sie ermöglicht eine effiziente Ablaufsteuerung, ein gefahrloses Anfahren von Anlagen bis in ihren Grenzbereich, eine frühzeitige Wartung sowie eine sich selbst optimierende und selbstlernende Arbeitsweise.

In Fachkreisen herrscht Einigkeit darüber, dass sich PC-basierte Steuerungen im Bereich der Industrieautomatisierung in der Zukunft sowie im Zuge von Industrie 4.0 immer weiter durchsetzen werden.

Um einen erfolgreichen Einsatz PC-basierter Steuerungstechnik in der Industrie sicherstellen zu können, empfiehlt sich der Einsatz von speziell für die besonderen Anforderungen der Industrie entwickelten Industrie-Computern oder Industrie-PC (kurz: IPC).

Um eine gute Wahl für den passenden Industrie-Computer treffen zu können, werden nachfolgend die wichtigsten Kriterien zusammengefasst, die bei der Einführung eines IPC berücksichtigt werden sollten.


Der Industrie-Computer und seine Ausführungen als Embedded-PC und Panel-PC

Der entscheidende Unterschied zwischen einem herkömmlichen PC und einem Industrie-Computer ist dessen robuste Bauweise – ein einwandfreier Arbeitsablauf wird auch bei teilweise extremen Umweltbedingungen, welche in der Industrie vorliegen, sichergestellt.

Die robuste Bauweise ermöglicht eine zuverlässige Arbeitsweise auch bei

  • Staub und Feuchtigkeit
  • extremen Temperaturschwankungen
  • Stößen, Vibrationen und Erschütterungen
  • elektronischen und elektromagnetischen Störungen.

Industrie-Computer sind sehr vielfältig in den verschiedensten Bereichen von Medizin, Logistik und Industrie einsetzbar. Sie können sowohl stationär an Bau- und Werkzeugmaschinen als auch mobil als Fahrzeugterminal eingesetzt werden.

GLOBOS bietet dabei die Möglichkeit, den IPC bedarfsgerecht und individuell zusammenzustellen. So sind einerseits Hardware, Software und Mechanik und andererseits auch Displaygröße, Prozessoren und Speicherkapazitäten frei wählbar. Des Weiteren stehen unterschiedliche Schnittstellen, Netzwerkanschlüsse und Features für eine kabellose Kommunikation zur Verfügung.
Ein Industrie-PC verfügt zumeist über kompakte Außenmaße, welche für einen 19-Zoll-Schrank konzipiert sind. Neben dem klassischen IPC gibt es auch Ausführungen als Embedded-PC oder als Panel-PC.

Ein Embedded-PC stellt dabei einen modular aufgebauten und kompakten Industrie-PC dar. Das Rechensystem orientiert sich auch hier an dem eines herkömmlichen PC. Bei einem Embedded-PC werden nur jene Komponenten in das System eingeführt, welche auch tatsächlich für die jeweilige Ausführung benötigt werden. Ein „headless“ – Betrieb ist hierbei ebenso möglich – dies bedeutet, dass eine Bedienung auch ohne Display oder andere Bedienungskomponenten wie Maus oder Tastatur möglich ist.

Da Embedded-PCs über eine vergleichsweise geringe Leistungsaufnahme sowie wenig Speicherplatzbedarf verfügen, können sie sowohl ohne Lüftung als auch ohne Festplatte eingesetzt werden. Besonders beliebt sind Embedded-PCs deshalb dort, wo sowohl Eigenschaften und Leistungen erforderlich sind, die denen eines Industrie-PCs gleichkommen, als auch ein geringes preisliches Einstiegsniveau gewährleistet werden soll.

Panel-PCs werden für einen Einsatz in klassischen Standardschaltschränken, Pulten oder Schalttafeln konzipiert. Ebenso sind sie als Komplettsystem mit einem einzelnen Standfuß erhältlich. Panel-PCs verfügen über einen Rechner und ein Display, welches zumeist mit Touchfunktion oder einer untergeordneten Tastatur bedient werden kann. Da sich die Hardware von Industrie-Computer und Personal Computer sehr ähneln, sind die gängigen Betriebssysteme wie Linux oder Microsoft Windows auch hier einsetzbar. Vorteilhaft ist dabei, dass auf ein breites Angebot an bestehenden und erprobten Softwarelösungen zurückgegriffen werden kann. Oftmals ist der IPC auch mit modularem Aufbau erhältlich. Dabei wird die konventionelle Hauptplatine durch eine Backplane und eine Slot-CPU ersetzt. Hierdurch kann vor allem eine höhere Anzahl an Erweiterungskarten zur Ansteuerung von Peripheriegeräten eingesetzt werden.


Eine robuste Bauart des IPC für einen störungsfreien Prozess

Wie eingangs erläutert, müssen IPC besondere Anforderungen erfüllen. Bei der Auswahl des Geräts ist deshalb unbedingt darauf zu achten, dass der Industrie-Computer über alle der Umwelt entsprechenden Schutzvorrichtungen verfügt. So ist bei einem Einsatz in extremen Temperaturbereichen darauf zu achten, dass der Industrie-Computer für Temperaturen von -20 bis +60 °C zertifiziert ist. Relevant ist hierbei die Art des Zertifikates, da nur wenige Hersteller bereits bei der Computer-Entwicklung diese extremen Temperaturbereiche anvisieren und so eine langfristige störungsfreie Anwendung sicherstellen können.

Um einen optimalen Schutz gegen Vibration oder Stöße zu gewährleisten, sollte auf bewegliche Teile verzichtet werden. Da die Laufwerke die empfindlichsten Teile eines IPCs darstellen, müssen sie besonders geschützt werden. Um Erschütterungen gut abfedern zu können, sollten Laufwerke daher elastisch aufgehängt werden. Da auch Tastaturen mechanisch sehr empfindlich sind, werden diese oftmals durch Touchscreens ersetzt.

Steckverbindungen nach außen müssen robust und dicht verarbeitet werden – M-12-Stecker gelten hierbei als besonders widerstandsfähig. Ebenso werden anstelle von rotierenden Speichern industrielle Festkörperlaufwerke (Solid State Drive) verwendet. Liegen starke elektromagnetische Störungen vor, so müssen spezielle Schutzgehäuse und auch „Entstörglieder“ das System gegen die äußeren Einflüsse abschirmen.

Allgemein ist bei der Auswahl des IPC zu beachten, dass sein späterer Einsatzbereich schon während seiner Entwicklung berücksichtigt wurde, da so eine hohe Qualität gewährleistet werden kann.


Die richtige Prozessplattform

Ebenso entscheidend für einen erfolgreichen Einsatz eines PC-basierten Systems in der Industrie ist die verwendete Prozessplattform. Grundsätzlich unterscheidet sich die CPU von Industrie-Computern nicht grundlegend von normalen PCs – jedoch müssen bei der Auswahl andere Kriterien beachtet werden.

Zum einen sollte der integrierte Prozessor über eine geringe Leistungsaufnahme verfügen, da nur so eine passive Kühlung möglich ist. Gleichzeitig muss jedoch auch eine satte Leistungsabgabe sichergestellt werden können, um ausreichende Leistungsreserven für anspruchsvolle Anwendungen garantieren zu können. So genannte MTBF-Kennzahlen („meantime between failure“) geben hier Auskunft über die Zuverlässigkeit des Systems – eine MTBF von 200.000 Stunden gilt als gut. Ebenso sollten die Prozessoren auf einer Embedded Roadmap zu finden sein, da so sichergestellt wird, dass die Versionen mindestens zehn Jahre erhältlich sind.

Die richtige IP-Schutzklasse für Industrie PC

Über welchen spezifischen Schutz der IPC verfügt, wird anhand von IP-Schutzklassen definiert. Die Schutzart wird dabei durch die Buchstaben „IP“ = „international protection“ sowie eine zweistellige Kennziffer klassifiziert. Dies entspricht einem internationalen Referenzwert für Schutzvorrichtungen. Dabei bezeichnet die erste Kennziffer jene Schutzvorrichtungen, die den IPC gegen Festkörper schützen. Die zweite Ziffer definiert den verfügbaren Schutz gegen Wassereinwirkungen. Ein normales Bürogerät weist zumeist die Schutzart IP 20 oder IP 30 auf. Die IP-Schutzklasse IP65 kennzeichnet dabei einen Industrie-Computer, welcher komplett staubgeschützt ist und auch über einen Schutz vor Wasserstrahlen von allen Seiten verfügt. Allgemein wird die vorliegende IP-Schutzklasse über den IP-Index ermittelt, welcher Auskunft über die den einzelnen Ziffern zugeordneten Schutzarten erteilt.


Wartung und Langzeitverfügbarkeit der Bauteile

Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Auswahl eines Industrie-Computers ist seine Wartung und die Langzeitverfügbarkeit der Bauteile. So sollte darauf geachtet werden, dass Bauteile leicht zugänglich sind und einfach ausgetauscht werden können. Im Gegensatz zum herkömmlichen PC ist die Industrie darauf angewiesen, dass alle Bauteile auch langfristig erhältlich sind, da ansonsten aufwendige und kostspielige Requalifikationen vorgenommen werden müssen.

Ebenso kann ein Hardwarewechsel auch Softwareanpassungen notwendig machen, welche die Kosten oftmals unüberschaubar erhöhen. Um diesen negativen Folgen zu entgehen, sollte im Vorhinein abgeklärt werden, wie lange die jeweiligen Teile zu kaufen sind. Retrofit-Computer bieten dabei eine Möglichkeit zur weiteren Absicherung, da auf ihnen auch eine alte Software funktioniert.

Sicherheitsfeatures

Neben einer robusten Ausstattung gibt es ebenfalls zahlreiche intelligente Überwachungssysteme, über die heutige Industrie-Computer verfügen. So genannte „Watchdogs“ veranlassen den IPC dazu, sich regelmäßig selbst zu prüfen. Durch Programmierung meldet sich die Software regelmäßig bei der Hardware – bleibt diese Meldung einmal aus, veranlasst die Hardware nach einer definierten Wartezeit einen Kaltstart, der ohne Personal vollzogen werden kann.

Support und Service

Nicht zu unterschätzen ist neben dem Industrie-Computer an sich auch der damit verbundene Service und Support des Herstellers. Dabei sollte abgewogen werden, wie viel Hilfe ein Unternehmen bei der Einführung oder Wartung eines IPCs benötigt. Dabei kann die geografische sowie sprachliche Nähe von Hersteller und Anwender ein wichtiges Entscheidungsmerkmal darstellen.